Gesundheitswesen




Gesundheitswesen der DDR

 

Das Ministerium für Gesundheitswesen (MfG, auch MfGe) war das zuständige Ministerium in der Deutschen Demokratischen Republik. Es ging nach Gründung der DDR 1949 aus der Deutschen Zentralverwaltung für das Gesundheitswesen hervor. Kurzzeitig lautete die Bezeichnung Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen.

Zuletzt (1990) waren dem Ministerium 38 Einrichtungen nachgeordnet; darunter:

  • die Zentralstelle für Ärztliche Begutachtung,
  • die Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR,
  • das Deutsche Hygiene-Museum,
  • das Forschungsinstitut für Lungenkrankheiten und Tuberkulose,
  • das Zentralinstitut für Diabetes.

In der DDR gab es nur ein Krankenversicherungs-Unternehmen die „Staatliche Versicherung“. Über diese war jeder DDR-Bürger krankenversichert. Der Beitrag für die Kranken- und Rentenversicherung betrug 20 Prozent des Bruttoeinkommens, wovon der Betrieb die Hälfte übernahm, die andere Hälfte zahlte der Arbeiter. Vom Arzt verschriebene Medikamente waren genauso kostenlos wie die Behandlung.

Die ambulante medizinische Versorgung übernahmen neben Arztpraxen vor allem Ambulatorien und Polikliniken. Ein Ambulatorium bestand aus bis zu vier Facharztpraxen, eine Poliklinik war mit mindestens fünf Abteilungen, einem Zahnarzt und einer Apotheke größer. Unter einem Dach praktizierten hier Allgemeinmediziner, Frauen- und Augenärzte, Zahnärzte, Hautärzte und Orthopäden. Die Ärzte waren staatliche Angestellte. Große Betriebe besaßen eigene Polikliniken.

Die Zahl der privaten Arztpraxen nahm mit der Zeit zugunsten der Polikliniken immer mehr ab, denn neue Genehmigungen zur Niederlassung wurden nicht erteilt.
Wie die gesamte Verwaltung der DDR wurde so auch das Gesundheitswesen immer mehr zentralisiert.

Vorteile einer Poliklinik waren, dass Patienten keine weiten Wege von einem Facharzt zum anderen haben, dass die Ärzte teure Geräte gemeinsam anschaffen und nutzen können. Doppelte Untersuchungen werden vermieden und alle Ärzte hatten Zugriff auf die Patientenakte. Doch die Nachteile wogen schwer in der DDR:
Als Angestellte absolvierten die Ärzte oft nur ein Pflichtprogramm. Weil die Ärzte ständig wechselten, konnte oft kein persönliches Arzt-Patient-Verhältnis entstehen. Die Wartezeiten waren lang, die Geräte oft veraltet.

Für die stationäre Behandlung gab es Krankenhäuser. Viele waren um 1900 erbaut worden und genügten modernen Anforderungen nicht. Das bekannte Krankenhaus "Charité" lag nach der Teilung der Stadt in Ost-Berlin, direkt an der Mauer. Es wurde das führende Krankenhaus der DDR, angegliedert an die Humboldt-Universität. Das größte Krankenhaus war jedoch die Klinik Berlin-Buch mit mehr als 3000 Betten. Hier befand sich auch das "Regierungskrankenhaus der DDR". Hinein kam man jedoch nur mit Sonderausweis.

Für alle medizinischen Notfälle war seit 1976 die Schnelle Medizinische Hilfe (SMH) zuständig. Über eine Leitstelle wurde der Notarzt geschickt bzw. der Krankentransport eingeleitet. Organisiert wurde die SMH vom Deutschen Roten Kreuz. Das war 1952 in der DDR neu gegründet worden.
Neben der SMH war es zuständig für Katastrophenschutz, Gesundheitserziehung, Pflege und Blutspenden.

In den 1980er Jahren spitzte sich die medizinische Versorgungslage in der DDR zu. Nicht unwesentlich trug dazu die Abwanderung der Ärzte in den Westen bei. Eine Zustandsbeschreibung anhand von Akten der Staatssicherheit: <<…eine unzulängliche Planwirtschaft, fehlende Lebensqualität und vor allem die Wohnungsnot. Ein Bericht aus Cottbus im Jahr 1986 monierte, dass weniger als zwei Drittel der Hochschulabsolventen wie geplant in den Bezirk vermittelt worden waren. Auch würden zu wenige Abiturienten zum Studium zugelassen. In einigen Fällen stand Wohnraum nicht rechtzeitig zur Verfügung.  Im Bezirk Leipzig konnten zwischen 1981 und 1986 wegen Wohnungsmangels 56 Ärzte nicht eingestellt werden. Als besonders „ärzteunfreundlich“ unter Absolventen galt der Bezirk Karl-Marx-Stadt. Beispielsweise seien dem Gesundheitswesen im Jahr 1986 lediglich sechs Neubauwohnungen zur Verfügung gestellt worden, Jungärzte mussten daher in als „unzumutbar einzuschätzende Wohnungen“ ziehen.>>

Ein besonders gravierendes Problem stellte die Abwanderung von Ärzten in den Westen dar. Im Bezirk Halle beispielsweise wurde eine „ständig steigende Zahl von Antragstellern auf Übersiedlung“ verzeichnet. Mitte 1987 gab es mehr als 300 registrierte Anträge (6). Anfang 1988 gab es im Bezirk Erfurt 315 „Übersiedlungsersuchende in den Einrichtungen des Gesundheitswesens“ (7). Ein Drittel davon waren „Hochschulkader“. Ähnliche Entwicklungen gab es in den anderen Bezirken.

Seit den 1950er-Jahren setzte die DDR eine gesetzliche Impfpflicht durch, die immer umfassender wurde: gegen Pocken, Kinderlähmung, Diphterie, Tetanus, Keuchhusten, Tuberkolose und ab den 1970er-Jahren auch gegen die Masern. Bis zu ihrem 18. Lebensjahr bekamen Heranwachsende insgesamt 20 Schutzimpfungen - staatlich verordnet.

Die Erfolge der DDR-Impfprogramme waren enorm. Die Krankheitszahlen sanken rapide nach deren Einführung. Besonders spektakulär beim Kampf gegen die Kinderlähmung, zumal im Vergleich mit dem Westen. Während im individualisierten Westen 1960 noch Polio-Epidemien wüteten, war die zentral verwaltete DDR-Gesellschaft seit 1958 zu großen Teilen immunisiert gegen die Kinderlähmung. Seit Ende der 1970er-Jahre geriet die DDR beim Impfen mehr und mehr ins Hintertreffen. Es gelang nicht, Mehrfachimpfungen zu entwickeln, wie es die großen Pharmariesen im Westen vorgemacht hatten. Wegen der hohen Zahl an Impfterminen nahm die Impfmüdigkeit der DDR-Bürger zu. Auch Epidemien, wie die besiegt geglaubten Masern, erreichten in den 1980er-Jahren wieder Ostberlin.

Am Ende der DDR war die Gesundheit der Ostler trotz verfassungsmäßiger Garantie schlechter als die der Bundesbürger. Allen Gesundheits- und Impfprogrammen zum Trotz war die Lebenserwartung im Osten 1989 um fast drei Jahre niedriger als im "siechen" Westen. Dem Ruf des Gesundheitswesen hat das nicht geschadet.